Chorfenster

Die Chorfenster der Regiswindiskirche

Gruppenbild zur Einweihung der neuen Chorfenster

Einweihung der neuen Chorfenster

(v.l.n.r.: Bürgermeister Klaus Waldenberger, Pfarrer Gunter Bareis, Künstlerin Angelika Weingard, Pfr. i.R. Gerhard Kuppler, Heinz Schunk (Hauptsponsor)

Presse

Einen Artikel des Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart über die Lauffener Chorfenster finden Sie hier.

Ausstellung

Ab Juni 2012 werden unsere Chorfenster in Cartres (Frankreich) in der  Ausstellung  "L´Art Contemporain Du Vitrail en Allemagne" neben Fenstern des Kölner Domes, Großmünster Zürich und St. Andreas Köln zu sehen sein. In dieser recht groß angelegten Ausstellung soll ein Überblick über zeitgenössische Kirchen- fenster (der rund letzten 10 Jahre) in Deutschland gezeigt werden.

Nähere Informationen (in französisch)  finden Sie hier.

Zur Festrede der Einweihung hier klicken

Festrede zur Einweihung

Rede der Stadtbaumeisterin der Stadt Lauffen am Neckar, Frau Claudia Seipel, zur Einweihung der Chorfenster.

 

Ich begrüße alle, die sich zu diesem schönen Augenblick hier versammelt haben.

 

Einige werden sich vielleicht fragen, was ich als Stadtbaumeisterin der Stadt Lauffen mit den Chorfenstern der Regiswindiskirche zu tun habe.

 

Ich wurde damals von Herrn Pfarrer Kuppler ins Preisgericht geladen und durfte so einen Teil des langen Weges, den Sie als Kirchengemeinde für die neuen Chorfenster zurückgelegt haben, mitverfolgen. 

 

Aus diesem Grunde wurde ich gebeten einige Worte zu der künstlerischen Arbeit von Frau Weingardt zu sagen. 

 

Sicher ist es eine einzigartige und besondere Aufgabenstellung, die in der heutigen Zeit einem Künstler nur sehr selten gestellt wird. 

 

Als Frau Weingardt zusammen mit 5 Künstlerinnen und Künstlern zur Teilnahme an dem Wett-bewerb für die Chorfenster eingeladen wurde war Ihr erster Schritt nicht für das gestellte Thema Wein eine künstlerischer Auseinandersetzung zu finden, sondern sich den Ort anzuschauen, an dem dieses Thema umgesetzt werden soll. 

 

Die Chorfenster befinden sich im ältesten Raum der Kirche. Der frühgotische Chor ist 781 Jahre alt. Und doch ist er im Vergleich zum Kirchenschiff der Raum, der am wenigsten verändert scheint, der Raum in dem man spüren kann, dass er dieses Alter hat.

 

Mit welcher Würde, Eleganz und Schlichtheit der Chor diese Botschaft trägt, erfährt man, wenn man das große Kirchenportal durchschreitet. Je näher man ihm kommt, desto deutlicher wird diese Atmosphäre spürbar.

 

 

Im Hinterkopf hatte Frau Weingardt keine künstlerische Antwort, die nun auf ihre Realisierbarkeit in diesem Raum geprüft oder angepasst werden sollte.

 

Vielmehr hat sie zunächst den Raum kennengelernt, um dann eine Gestaltung der Fenster zu finden, die dem Raum angemessen ist. 

 

Dieser Aspekt kann die Glasmalerei von der Malerei unterscheiden. Eine Leinwand kann an unterschiedlichsten Orten, in unterschiedlichsten Situationen ausgestellt werden.

 

 

Die gestalteten Fenster wirken nicht für sich allein, sondern nur in dem Raum für den sie gemacht wurden und mit diesem zusammen. 

 

WAS FASZINIERT UNS AN DIESEM CHORRAUM

… mit seinem barocken Altar und der ornamentalen Deckenmalerei?

 

Die Geschlossenheit des Raumes, die Ruhe ausstrahlt und Geborgenheit gibt.

 

Das Licht, das in keinen Teil der Kirche so hell einfällt wie in den Chor. Das Licht das den Raum nach oben, in Richtung Himmel, ausrichtet. Das Licht, das für ein lebendiges immer in Bewegung befindliches Spiel von Hell und Dunkel sorgt.

 

Die barocke Orgel, die sich wie selbstverständlich in die frühgotische Raumhülle des Chores einfügt.

 

Die Deckenmalerei, die sensibel und zurückhaltend den Blick noch oben lenkt und damit die vertikale Ausrichtung des Raumes, die durch die Lichtführung betont wird, noch verstärkt.

 

WIE HAT DIE KÜNSTLERIN DIESE ASPEKTE IN IHRE GLASMALEREI ÜBERSETZT?

 

Die Geschlossenheit des Raumes wird gestärkt indem es für alle Chorfenster ein einheitliches Thema gibt. Gleichzeitig sollen die vertikal, d.h. stehend ausgerichteten Chorfenster in ihrer Individualität und Wiederholung zugleich gestärkt werden. Das gelingt, indem ein jahrhundertealtes Stilmittel, das der tief roten Einfassung, verwendet wird.

 

Das Licht wird in seiner Intensität nur sehr zurückhaltend verändert, damit die Faszination des Chores, die durch das Licht erst geweckt wird, erhalten bleibt. Die vertikale Ausrichtung des Raumes wird gestärkt dadurch, dass die Dichte des Musters auf den Gläsern nach oben hin abnimmt und so den Raum nach oben hin öffnet. Betont wird diese Ausrichtung noch durch die roten Einfassungen, die sich verstärkt im unteren Bereich der Fenster befinden und nach oben hin auslaufen.

 

Die Verzierungen an der Orgel und die Deckenmalerei tauchen in der abstrakten Übersetzung des Themas Wein in den Fenstern wieder auf. So wird die Ruhe und Geschlossenheit, die der Chor ausstrahlt gestärkt und zu einer harmonischen Gesamtkomposition.

 

DIESER ASPEKT DES ORNAMENTES

… ist die Überleitung zu der Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem gestellten Thema Wein.

 

Nicht die Frucht des Weinstockes und auch nicht die biblischen Themen, die sich rund um den Wein drehen, sind Aspekte die die Künstlerin speziell für diesen Raum interessieren.

 

Es ist die Rankensprosse des Weinstockes. Diese seltsamen, unscheinbaren Teile, die auf den ersten Blick nebensächlich erscheinen, doch der Pflanze den unerlässlichen Halt geben. Es ist der Teil der Sprossachse, mit deren Hilfe die Pflanze in der Lage ist zu klettern.

 

Als Linien betrachtet und übereinander gelegt, entsteht aus diesen Ranken ein vielschichtiges, vegetabiles Geflecht, das in den Dialog tritt mit der Deckenbemalung des Chores, den fein geschnitzten Verzierungen der Orgel und den gemalten Ornamenten im Kirchenschiff.

 

Durch den Ornamentcharakter dieser sich über alle sechs Fenster ausbreitenden Struktur entsteht ein starker Bezug zu den Grisaille Fenstern des 12. und 13. Jahrhunderts. Die Unendlichkeit der Linie, der wesentlichste Aspekt jedes Ornaments, spricht von der Sehnsucht nach Ewigkeit und Augenblick.

 

Aber die Übersetzung der Rankensprosse ins Ornament bleibt hier nicht Ornament allein. Das rührt aus der Haltung die Kunst im Gegenwärtigen zu verankern, d.h. Brüche in die Strukturen und in die Farbigkeit und Dichte der Fenster einzubauen und damit mehr Fragen aufzuwerfen als Antworten zu geben.

 

ALS SIE HEUTE DEN KIRCHENRAUM BETRETEN HABEN,

… haben Sie die Fenster aus der Ferne wahrgenommen. Je nach erlebter und erfahrener Lichtsituation wirken die Fenster im Gegenlicht allein durch das Ornament. Aus der Ferne wirkt die Zurückhaltung der Fenster und der lichtdurchflutete Chorraum.

 

Erst wenn man näher kommt und aus dem Gegenlicht zur Seite tritt, erschließt sich eine neue Ebene.

 

Man erkennt, dass die einzelnen Glasfenster aus vielen kleinen Glasstücken zusammengesetzt sind, die in ihrer Farbigkeit, Lichtdurchlässigkeit, Ornamentstruktur und -dichte wechseln. Man erkennt, dass es sich nicht einfach um bemalte Glaselemente handelt, sondern um handgezogene Glasscheiben, die in einem komplexen Muster zusammengesetzt wurden.

So ist das Ornament der Ranke stellenweise aufgemalt und stellenweise die Bleifassung der Glasscheibe selbst. Die Bleifassung ist das statische Gerüst für die einzelnen in einem komplexen Schnittmuster zusammengesetzten Scheiben.

 

Der heutige Tag soll dem Näherkommen, dem Betrachten, dem Fragen stellen und vielleicht auch dazu dienen die eine oder andere Antwort zu finden.

 

Ich habe am Donnerstag, als ich mit der Künstlerin gemeinsam in den Chorraum gegangen bin - für mich war es das erste Mal, dass ich die neuen Chorfenster gesehen habe und für sie war es das erste Mal, dass sie sie ohne Gerüst und nach der langen Zeit der täglichen Arbeit gesehen hat - gefragt, wie das für einen Künstler ist, der nun diesen Raum betritt und sie hat mir geantwortet, dass sie in diesen Momenten Angst hat über die Türschwelle zu gehen und dass sie jetzt froh ist zu sehen, dass es so ist, wie sie es sich vorgestellt hat, wie sie es sich gewünscht hat.

 

Gehen sie auf sie zu, stellen sie ihr die Fragen die Sie beschäftigen.

Chorfenster der Regiswindiskirche - Detail

Chorfenster der Regiswindiskirche - Detail

 

Chorfenster der Regiswindiskirche - Schatten

Auch der Schatten der Fenster auf den Kirchenwänden ist wunderschön.

 

 

 

Zuständiger Webmaster: Markus Hanselmann. E-Mail

Chorfenster der Regiswindiskirche

Chorfenster der Regiswindiskirche